Baureportagen
Baureportagen | 17.07.2023

Vom Büro- und Laborgebäude zum Wohnhaus

Im Quartier «Im Tiergarten» wurden Balkone mit ACINOXplus® Kragplattenanschlüssen angehängt

In Zürich Wiedikon ist ein Büro- und Laborgebäude aus den 1990er-Jahren zum Wohnhaus umgebaut worden. Um den heute geltenden Wohnkomfort zu sichern, hat die Bauherrschaft das Gebäude mit 50 Balkonen versehen lassen. Angehängt wurden sie mittels ACINOXplus® Kragplattenanschlüssen von Debrunner Acifer Bewehrungen.

Bis in die 1970er-Jahre sind im Zürcher Quartier «Im Tiergarten» – Stadtteil Wiedikon – Ziegel gebrannt worden. Heute erhebt sich auf dem ehemaligen Industrieareal eine imposante Überbauung. An ihrer nördlichen Ecke befindet sich ein Gebäude, das bis vor Kurzem als Büro und Pharma-Laborgebäude gedient hat. Nach gut einem Jahr Bauzeit ist daraus ein Wohnhaus mit 59 mittelgrossen und kleinen Wohnungen entstanden, die per 1. Juli 2023 erstvermietet worden sind.

Aus einem ehemaligen Büro- und Laborgebäude sind in Zürich Wiedikon 59 Mietwohnungen entstanden. Quelle: Theo Hotz Partner Architekten | Atelier Brunecky
Im Treppenhaus, das als Innenhof konzipiert ist, sorgt ein grosszügiges Oblicht für Helligkeit. Quelle: Theo Hotz Partner Architekten | Atelier Brunecky

Idealer Standort für Wohnungen

Die Eigentümerin Mobimo hat sich für eine Umnutzung des bestehenden Gebäudes entschieden und das Architekturbüro Theo Hotz Partner Architekten mit der Planung beauftragt. «Für ein Bürohaus liegt das Gebäude zu nah am Stadtrand. Für Wohnungen hingegen ist der Standort ideal. Zudem sind in der unmittelbaren Nachbarschaft bereits ausreichend Büroflächen vorhanden», sagt Projektleiter Bruno Michel. Hinzu kommt, dass einschneidende Massnahmen erforderlich gewesen wären, um zeitgemässe Büroräume zu bauen. Nicht zuletzt hat sich die Nachfrage infolge Homeoffice und Shared Desks abgekühlt, während die Bevölkerung im Kanton Zürich kontinuierlich wächst und Platz zum Wohnen benötigt. «Der Zeitpunkt für eine Umnutzung war daher gut», sagt Bruno Michel.

Stahlbetongebäude gibt Grundstatik vor

Das ehemalige Büro- und Laborgebäude wurde in den 1990er-Jahren aus Stahlbeton gebaut, der für die Grundstatik verantwortlich zeichnet. Die tragende Betonfassade war damals in Elementbauweise gefertigt worden. Die vor Ort betonierten Kernzonen durchliefen neun Geschosse, drei davon befanden sich unter der Erde. Eine vorgehängte Aluminium-Fassade bildete den Abschluss nach aussen. «Als Folge der ehemaligen Nutzung als Büro- und Laborgebäude war das Gebäude von haustechnischen Anlagen durchzogen», sagt Bruno Michel. Herzstück bildete die Haupttechnikzentrale im Attikageschoss mit einer Grundfläche von 500 m2. Die Umnutzung sah vor, das Gebäude zu erweitern und aufzustocken. Im April 2022 starteten die Bauarbeiten.

Zurück zur Rohbaustruktur

Mobimo entschied sich, die Tragstruktur des bestehenden Gebäudes zu erhalten und darauf aufzubauen. Das erforderte, die Liegenschaft bis auf seine Rohbaustruktur zurückzubauen. Auch der alte Treppenhauskern fand sich rückgebaut. Die neue Gebäudeform folgte dem Grundriss der dreieckigen Parzelle sowie gebäuderechtlichen Perimetern. Es entstanden 59 Wohnungen mit 1.5 bis 4.5 Zimmern. Gemäss Bruno Michel ist es baurechtlich nicht möglich gewesen, eine Attika-Wohnung zu realisieren. «Das Gebäude steht in einer Sonderbauzone», sagt er. Deshalb bildet nun eine Terrasse den Abschluss nach oben.

Wohnungen brauchen Balkone

Eine der Herausforderungen bei diesem Projekt war die Statik des bestehenden Gebäudes. Zum einen grenzte sie bauliche Massnahmen ein. Zum anderen erfüllte sie die heutigen Anforderungen nicht. «Wir mussten aufrüsten, wobei Decken und Raumhöhen vorgegeben waren», sagt Bruno Michel. Als früherem Büro- und Laborgebäude fehlte dem Bau ferner die Infrastruktur für Nasszellen – es waren keine vertikalen Schächte dort vorhanden, wo sie für die neuen Wohnungen gebraucht wurden. Also mussten die Schächte statikabhängig neu erstellt werden. Die dreieckige Parzelle wiederum ergab längliche Wohnungen, in denen genügend Licht im Inneren zur Herausforderung wurde. Raumhohe Fenster mit Aussengeländer waren die Lösung. Im Treppenhaus, das einen Innenhof bildet, sorgt ein grosszügiges Oblicht für Helligkeit. Eine weitere Herausforderung war, dass Bürogebäude keine Balkone haben, jene bei Wohnungen aber gefragt sind.

Vorfabrizierte Betonbalkonelemente statt Turm

Die einfachste Variante, um das Gebäude mit Balkonen auszurüsten, wäre eine Stahlkonstruktion mit Balkonplatten gewesen. Dieser Turm wäre zurückgebunden worden und hätte sich selber getragen. Aus baurechtlichen und architektonischen Gründen entschied man sich jedoch, vorfabrizierte Betonbalkonelemente an die bestehende Fassade anzuhängen. Für die Verbindung der vorgefertigten Balkonplatten mit dem Bestand suchte die Dr. Lüchinger+Meyer Bauingenieure AG nach geeigneten Verbindungselementen. Das Ingenieurbüro fand die Lösung schliesslich in ACINOXplus® Kragplattenanschlüssen.

Der Stahlbetonbau aus den 1990er-Jahren ist bis auf die Rohbaustruktur rückgebaut worden.
Die vorfabrizierten und letztlich frei auskragenden Balkonplatten forderten starke Kragplattenanschlüsse für die Montage am Bestand.
Um die vorfabrizierte Balkonplatte an den Rohbau zu montieren, waren ein präziser Einbauvorgang und hohe Versetzqualität gefordert.
Filigrane Arbeit: Am Bestand musste die Decke bis auf die bestehende Bewehrung abgetragen werden, um die Balkone anzuhängen.

Provisorische Versetzung der Kragplattenanschlüsse nicht möglich

Wegen der vorfabrizierten Balkonplatten war keine Standardmontage mit provisorischer Versetzung der Kragplattenanschlüsse möglich. Stattdessen wurden in jede der 50 Balkonplatten vier ACINOXplus® Kragplattenanschlüsse einbetoniert, deren Verankerungsstäbe exakt auf die Bohrlöcher am Bestand passen mussten. Während die Balkonplatten montiert wurden, war der grosse Baukran blockiert: Die Elemente hingen am Kran, bis ihre Positionierung stimmte und die Bohrungen am Bestand vorgenommen werden konnten.

Individuell bemessene und produzierte ACINOXplus® Kragplattenanschlüsse

Die Vorfertigung der Balkone erforderte eine individuelle Bemessung und Produktion jeder einzelnen ACINOXplus® Kragplatte am Bestand, angepasst an die bestehende Einbausituation. Für die Montage der vorfabrizierten Balkonplatten wurde auf der Deckenseite ein Bereich bis auf die bestehende Bewehrung abgetragen. Dadurch konnten Stahlplatten und Zugstäbe komplett einbetoniert werden. Das war wichtig, um die 2 m langen, frei auskragenden Balkonplatten zu halten. Als Folge der ergänzenden Verankerung fiel die Durchbiegung der Balkone am Ende etwa 10 mm kleiner aus als bemessen.

ACINOXplus® Kragplattenanschlüsse

Die ausschliesslich in der Schweiz produzierten ACINOXplus® Kragplattenanschlüsse sind aus hochfestem und hochkorrosionsbeständigem Duplexstahl gefertigt. Er garantiert eine dauerhafte und wärmetechnisch wirksame Konstruktion. Das hochwertige Grundmaterial, überwachte Produktionsprozesse und das bewährte steife Schubplattensystem sorgen für ein Höchstmass an Sicherheit.

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«Umbauten und Aufstockungen werden weiter zunehmen»

Bruno Michel, Projektleiter, Mobimo Management AG

Wie schätzen Sie die Zukunft des Bauens ein?

Da die Schweiz flächenmässig begrenzt ist, ist nur eine Ausdehnung des Wohnraums nach oben hin möglich. Das bedeutet, dass Umbauten und Aufstockungen gegenüber Neubauten weiter zunehmen werden. Das bedingt jedoch – zumindest teilweise – Gesetzesanpassungen.

Stichwort «Nachhaltigkeit».

Bei der Nachhaltigkeit stellt sich die Frage, wie wir mit der bestehenden Bausubstanz umgehen und wir künftig bauen werden. Eine Metallfassade wäre quasi «unkaputtbar». Die Langlebigkeit hat aber ihren Preis – und Metallfassaden sind untypisch für Wohnhäuser. Hier müsste ein Umdenken stattfinden, um Nachhaltigkeit am Bau zu leben.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Verlauf des Bauprojekts?

Allein schon wegen der dreieckigen Parzelle war es kein 0815-Projekt für uns. In die Planungsphase haben wir deshalb mehr Zeit als üblich investiert. Mit dem Verlauf sind wir jedoch sehr zufrieden.

Welche Erfahrungen nehmen Sie aus diesem Projekt für kommende Umbauten mit?

Die Balkone an den Bestand zu montieren, war sehr aufwendig. So musste der Beton nach dem Rückbau herausgespitzt werden, ohne die bestehenden Bewehrungen zu verletzen. Das bedeutete filigrane Vorarbeit für die Montage der wuchtigen Balkonplatten. Die Kragplattenanschlüsse haben uns insgesamt jedoch überzeugt und wir werden sie bei weiteren Objekten einsetzen, sofern sie sich für die entsprechende Bausituation als geeignet erweisen.

Lieferauszug Debrunner Acifer Bewehrungen

  • 200 ACINOXplus® Kragplattenanschlüsse
Bruno Michel, Projektleiter, Mobimo Management AG
Bauherrschaft:Mobimo Management AG, Küsnacht
Architekt:Theo Hotz Partner Architekten, Zürich
Ingenieurbüro:Dr. Lüchinger+Meyer Bauingenieure AG, Zürich
Baumeister:BWT Bau AG, Winterthur
Realisierung (Zeitraum):April 2022 – Juni 2023
Projektbeteiligte